zur Desktop-Ansicht wechseln. zur mobilen Ansicht wechseln.

Chaotische Familienbande

Chapter 1 Part 1

Lesemodus deaktivieren (?)

Informationen

Inhaltsverzeichnis

-Prolog-

„Ring, Ring“

'Verflucht, wer stört um diese unchristliche Zeit', fluchte eine Frau, während sie das Nachtlicht anschaltete. Sie hatte zwar nicht mehr geschlafen, doch stand sie ungern zeitiger auf, als sie das musste. Sie kniff die Augen zusammen und griff nach ihrem iPhone.

„Koswalszki“, knurrte sie, „wer stört?“

„Guten Morgen Brenda“, erklang eine betörende Männerstimme, die ihr sofort eine Gänsehaut bescherte und das nicht auf erotischer Ebene. „Wie geht es dir?“

„Wow, was für ein seltenes Vergnügen“, erwiderte die blonde Frau beherrscht. „Ich glaub’ das anschnauzen kann ich mir sparen, wenn du anrufst, weißt du wie spät es ist. Nick will doch nicht etwa absagen.“

„Nein keine Sorge, es ist bereits gebucht und Nicholas wird Mittwoch schon kommen, doch…“

Stille.

Brenda seufzte innerlich und zog sich mit ihrem Rücken an die Wand. 'Das konnte ja heiter werden'. Sie wusste, dass ihrem ehemaligen besten Freund, aber auch Konkurrent, etwas auf der Seele brannte, wenn er so zögerlich war. Sie schloss daher ihre Augen, atmete noch einmal tief durch und machte sich darauf gefasst, dass ihr das Thema sicherlich nicht gefiel. Es gab schließlich nur eines, was ihm solch ein Unbehagen bereitete.

„Nun sprich schon. Ich weiß doch um wen es geht, Schnuckelchen.“

„Ach echt“, jetzt war der Mann in der Leitung deutlich überrascht.

„Na Logo, würdest du denn sonst um diese Zeit anrufen, wenn es nicht um Gabriele ginge. Also spuck’s aus! Was hast du auf dem Herzen?“

„Stimmt, ich vergesse immer, dass wir uns lang genug kannten“, brach es melancholisch aus ihm heraus und kleinlaut legte er nach. „Aber es geht nicht um Gabe, naja nicht wirklich, aber ich muss mit ihm sprechen.“

„Vergiss es du Psycho – Stalker“ platze es sofort ungehalten aus ihr, doch sie wurde beim weiteren Geschimpfe sofort unterbrochen.

„Hey, ich bin kein Psycho“, wehrte sich nun die andere Stimme. „Tut mir leid, dass du immer noch sauer auf mich bist, aber zu einer Affäre gehören immer noch zwei.“

„Du bist ihm so auf die Pelle gerückt“, fuhr sie ihn weiterhin an und redete sich in Rage, “dass er sich gar nicht mehr dagegen wehren konnte. Hättest du ihn nicht so belagert, wäre es nie so weit gekommen.„

„Das ist so eine infame Lüge von dir“, protestierte Marcel augenblicklich und zischte seinerseits. „Du kennst die Wahrheit ganz genau. Er hat dich ganz sicher nicht aus Liebe geheiratet…“

„Halt den Mund“, unterbrach sie ihn energisch, bevor er noch weiter in ihrer Wunde herum stochern konnte. „Ich will das nicht hören. Nicht von dir. Also sag was du willst oder ich leg auf.“

„Es geht um Nash und Nicky. Wenn Bastian nicht übertreibt, sieht es nicht so gut aus. Ich dachte, wenn Angel und ich und…“ teilte er mit beruhigter Stimme sein Anliegen mit.

„Ich kann dir nicht helfen. Tut mir leid.“

Sie beendete das Telefonat ohne ein weiteres Wort von sich zu geben und ließ ihren Kopf in den Nacken sinken. Leise Tränen flossen ihr durchs Gesicht. Sie war noch längst nicht über ihn hinweg und sie würde sicherlich nicht nochmal denselben Fehler machen und Marcel helfen, ihren Mann aus ihren Fingern zu reißen.

Es hatte sie viel Überzeugungskraft gekostet, wenigstens eine Pseudo-Mail-Adresse von ihrem Ex ergattern zu können um mit ihm im Kontakt bleiben zu können. Und auch das war dürftig, er antwortete extrem selten und dann auch viel zu kurz. Ihre Ehe war damals gescheitert und doch würde sie nicht aufgeben. Sie wollte ihn zurück und für dieses Ziel war es besser, wenn Marcel nicht nur räumlich Millionen Kilometer entfernt blieb.

Wäre da nicht Dan und seine beschissene Familien-Reunion, zu der er es sich nicht nehmen ließ alle einzuladen, die jemals was mit der Familie zu tun hatten. Aber wieso regte sie sich eigentlich auf, sie war genauso viel oder wenig Teil wie Marcel, wenn nicht sogar weniger als er. Schließlich war sie nur eingeheiratet. Das war’s, der Grund wieso sie ihrem besten Buddy immer noch nicht verzeihen konnte.

Marcel war nicht nur Dans Geschäftspartner gewesen, er war auch dessen liebster Schwiegersohn, auch wenn Marcel keine Gelegenheit bekam, Gabriele zu heiraten, da dieser irgendwann flüchtete.

Sie wusste, dass sie daran nicht unschuldig war. Aber sie konnte Marcel doch nicht einfach das Feld überlassen. Gabriele war ihr Mann, Vater ihrer Kinder und gehörte ihr und nur ihr. Sie konnte nicht zulassen, dass er mit einem Mann glücklich werden würde oder überhaupt mit irgendjemanden anderes, wenn es nicht sie war. Sie hatte daher alle psychischen Druckmittel verwendet, die sie kannte, um ihn an sich zu binden und es hätte beinahe geklappt, wenn er sich dann nicht einfach davon gestohlen hätte. Doch diesmal wusste sie, würde sie subtiler sein, immerhin hatten sie Kontakt, wenn auch nur sporadisch. Das zeigte doch, dass er noch an ihr hing und auch das Familientreffen würde das nicht ändern. Marcel würde sie diesmal nicht gewinnen lassen, sollte er sich doch einen anderen suchen. Gabriele gehörte ihr und zwar nur ihr allein!

1.1

Ein Mann Mitte vierzig – mit schulterlangem, frech gestuftem Haar – in Wildleder-Motorradmontur betrat eine der vielen Starbucks Filialen und ging zielsicher auf die junge Verkäuferin zu, die ihn mit der typischen Schürze sympathisch anlächelte.

Er hatte scheinbar Glück und kam sofort an die Reihe. Er erwiderte das Lächeln des Mädchens, welches sofort rot anlief und ihre Zahnspange dabei offenbarte und musste schmunzeln. Es tat gut in seinem Alter immer noch einen anziehenden Charme zu besitzen, auch wenn er an Frauen vollkommen verschwendet war, immerhin stand er auf alles was drei Beine besaß. Aber nichtsdestotrotz tat ein kleiner Flirt auch seinem alten Ego gut.

Er nahm seine Sonnenbrille mit Silberglanzgläsern ab, stellte seinen schwarzen Designer Tumbler ab und bestellte sich einen Espresso Frappuccino blended beverage und einen Bagel.

Nachdem er bezahlt hatte, konzentrierte er sich noch einmal auf das junge Mädchen, das sichtlich nervöser unter seiner Musterung wurde und stellte dann ganz monoton seine Frage.

„Ist Christian McNair zufällig schon da?“

„C-C-Chr-Chris“, stotterte sie enttäuscht und riss sich dann zusammen. „Chris, nein er ist noch nicht da, aber seine Schicht beginnt in einer Stunde.“

„Gut“, er sah auf das Namensschild und sprach mit einem Lächeln weiter,  „dann kann ich ja warten. War nett dich kennengelernt zu haben Lisa.“

Mit diesen Worten und einem erneut zugeworfenen Lächeln begab er sich zur Ausgabe und nahm seine Bestellung und ging zu der Eckcouch am Fenster. An dem befanden sich drei Schulmädchen und wurden genauso nervös wie Lisa und begannen wie aufgelöst zu gackern, als er sich zu ihnen setzte. Doch weit und breit war einfach kein Platz mehr.


Es dauerte keine dreißig Minuten, dass Marcel neben sich von einem „plöpp“ aus den Gedanken gerissen wurde und musterte nun den jungen Mann von unten bis oben. Erst sah er die farbigen Turnschuhe, dann die Schlabberjeans – die ihm sofort missfiel – und dann das Sweatshirt und darüber seine alte Jeansjacke – die er einst Gab schenkte – bis er dann in das ihm so bekannte Gesicht sah, welches sein Lächeln nicht erwiderte.

„Was zum Henker willst du von mir?“, schrie der junge Mann den anderen sofort an.

„Deine Mutter sagte ich würde dich hier finden.“

„So ein Bullshit, Mom würde dir einen Scheiß erzählen“, regte er sich nun noch mehr auf. „Also weshalb sollte ich einer Schwuchtel wie dir ein Wort glauben.“

„Dein Vater hätte dich frühzeitig übers Knie legen sollen“, gab Marcel monoton und völlig reglos von sich, „oder erlaubt er dir so mit ihm zu sprechen?“

„Halt’s Maul, was weißt du denn schon von meinem Vater. Er ist nicht wie du…“, zischte er ihm aufgebracht entgegen. Marcel hingegen hob eine Augenbraue und war sich sicher, dass er einen Tonfall gewählt hatte, der den Jungen vor sich nicht noch weiter anstachelte. Das war wohl falsch gedacht, also änderte er seine Taktik.

„Reg dich ab, ich bin nicht wegen dir hier. Sag mir einfach wo ich deinen Vater finde und dann bist du mich auch schon wieder los.“

„Als ob ich dir das sagen würde, nachdem wegen dir Dad den Polizeidienst quittiert hatte. Du hast unser ganzes Leben versaut, wegen deinen ständigen Anmachen.“

„Ich merk schon, es hat keinen Sinn. Langsam versteh ich, warum Nash und Nicky solche Probleme haben…bei dem Feedback.“

Marcel stand auf, nahm seinen leeren Teller und seinen Trinkbecher und ging wieder zur Theke zurück. Chris fühlte sich für einen kurzen Moment wie von einem Bus überfahren und im nächsten Moment, als ob er selbst zu einer gezündeten Rakete umfunktioniert wurde. Es war unfassbar. Er wurde sitzen gelassen, wie bestellt und nicht abgeholt. Das war doch die Höhe. Was bildete der Typ sich nur ein!

So schnell konnte Marcel gar nicht reagieren, wie der Sohn seiner Liebe hinter ihm her war und ihm einen gehörigen Kinnhaken verpasste.

„Das war für den Schmerz meiner Mutter, du Bastard. Lass ja die Finger von meinem Vater, sonst vergess' ich mich.“

Einige Passanten waren erschrocken stehen geblieben und wussten nicht, wie sie auf die dargebotene Szene reagieren sollten. Sollte man die Polizei rufen oder es auf sich beruhen lassen. Die Meisten entschieden sich für die letzte Alternative, als der Mann nach einem kurzen Kopfschütteln, seine blutende Lippe nicht weiter beachtend, sich auf seine Maschine schwang und davon fuhr, als ob nichts gewesen wäre.

Marcel war durchaus vorbereitet gewesen, den einen oder anderen unschönen Satz einstecken zu müssen, aber über das was er tatsächlich hatte erleben müssen, war er durchaus schockiert. Würde sein Gabriel etwa ähnlich reagieren? Das wäre nicht gut und dieser Gedanke schüttelte ihn heftig durch – so, dass er ins Schlingern kam. Er riss sich sofort zusammen und konzentrierte sich auf den Verkehr, bevor er noch einen Unfall baute. Das konnte er nun am wenigsten gebrauchen zu den ohnehin schon bevorstehenden Schwierigkeiten.

Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als auf das Familientreffen zu warten. Hoffentlich würde Gabriele auch kommen. Er freute sich darauf, wenngleich er für das Wohl ihrer Jungs hätte sofort mit ihm sprechen müssen. Aber das war wohl unmöglich derzeit und mehr Möglichkeiten hatte er auch nicht. Er musste warten. Es nutzte nichts, die Angelegenheit musste er aufschieben. Er hoffte nur, dass ihre zwei Jungs in der Zeit keinen Blödsinn machten. Sie waren wie geschaffen füreinander und er wollte nicht mit ansehen, wie sie ihr Glück aufgaben, nur weil sie Angst hatten, genauso zu enden wie ihre zwei Väter.

Bei dem Gedanken an seine gemeinsame Zeit mit Gabriele breitete sich sofort ein strahlendes Lächeln auf seinen Lippen aus. Er hatte ihn lange nicht mehr gesehen, ob er ihn noch immer nur vom Aussehen her um den Verstand bringen konnte?

Es galt abzuwarten und voller Vorfreude fuhr er endlich zur Arbeit, er war spät dran. In wenigen Tagen würde er es wissen und ihn hoffentlich endlich wiedersehen – seine große Liebe Gabriel.

Lesemodus deaktivieren (?)