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Dear Diary...

Teil 5

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Inhaltsverzeichnis

25.Juni

Sebastian hat mir gestern das Tagebuch aus der Hand gerissen und gebrüllt, ich solle endlich das scheiß verdammte Licht ausmachen. Da blieb mir nichts anders übrig.

Gerade hat er versprochen, mit mir in die Stadt zu gehen – Shoppen oder sowas in der Art. Vielleicht hat er Drogen genommen, ohne dass ich's gemerkt habe?

später...

Wow, wir haben es geschafft, uns einen ganzen Tag lang mal nicht zu streiten. Nach dem Frühstück (gegen Mittag) sind wir also los. Es war angenehm sonnig draußen und die Fußgängerzone nicht allzu voll. Erst sind wir ziemlich planlos durch die Gegend gelaufen, bloß nicht zu dicht beieinander. Doch irgendwann, während wir vor einem Schaufenster standen, wo ich mir hingerissen eine blaue Zottelfelljacke anschaute, nahm er plötzlich meine Hand und ließ sie nicht mehr los. Mir wurde ganz kribblig. Derartige Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit!

Ich schwebe noch immer auf irgendwelchen Wolken, weil ab da alles total schön war. Wir haben uns benommen wie zwei albern verliebte Teenager, haben uns ständig geküsst, uns gegenseitig mit Süßigkeiten gefüttert usw. Er hat sich ein Elfen-haben-doofe-Ohren-Shirt gekauft. Nur um mich zu ärgern, weil ich doch auf Legolas stehe...

Jetzt im Augenblick hängt er schon seit Stunden im Internet. Irgendwelche Spiele runterladen oder sowas. Steh ich auf Computerspiele? Also mal so ab und zu, wenn ich nun wirklich überhaupt nicht weiß, was ich mit mir anfangen soll. Er hingegen findet das alles supertoll. Dass man da alles bekommt, was man haben will, ohne dafür bezahlen zu müssen. Die ganzen alten Videospiele, die es früher als Automaten gab. Früher? Mann, wie alt ist der eigentlich, dass er Sachen kennt, die Konami und/oder Namco 1979 rausgebracht haben?

Jedenfalls bin ich laut Sebastian stolzer Besitzer der unglaublich coolsten und geilsten Spiele, die es jemals gegeben hat. Galaga, Space Invaders, Galaxians, Defender, Scramble, Frogger und so weiter.

Puh... danke, Sebastian, du hast mir damit mein Leben gerettet. Ohne Galaga und Frösche, die über eine stark befahrene Straße, danach über einen reißenden Strom auf Schildkröten und Baumstämme hüpfen müssen, damit sie irgendwann in einem Mauerloch verharren können, würde ich vermutlich eingehen.

30.Juni

Kann keine Scheißfrösche mehr sehen! Und das ewige Raumschiffgeballer geht auch an die Substanz. Sebastian ist sehr aus dem Häuschen und weigert sich, vom Computer wegzugehen. Um doch in seiner Nähe zu sein, hänge ich neben ihm und glotze ihn blöde an. Meine Fantasie ist mir derzeit eine große Hilfe. Ich kann mir immerhin vorstellen, dass wir uns unterhalten oder knutschen.

1.Juli

Hilfe! Die Spieleflut nimmt kein Ende mehr. Immer mehr Roms und Emulatoren. Ich habe keine Ahnung von dem ganzen Scheiß und es interessiert mich auch schon gar nicht mehr, obwohl mir Sebastian immer sehr geduldig erklärt, wie das alles überhaupt funktionieren kann. Doch wenn er mit Begriffen wie Chips und Samples und weiß der Fuchs was hantiert, schalte ich ab. Muss ich abschalten, weil mein Kopf sonst stark schmerzt. Ich glaube, ich gehe bald in eine Talkshow. Vielleicht zu Oliver Geissen – Hilfe, mein Freund ist ein Computerfritze und Spieljunkie. Ich meine, so'n Thema gab's noch nicht.

2.Juli

Verdammt! So lange ohne knutschen und anfassen, wer soll denn das bitte aushalten? Und diese kleine Ratte Sebastian sitzt direkt vor meiner Nase und spielt. Im Augenblick ist nämlich Galaga dran. Ich hasse Sebastian, der ist Schuld, wenn ich wegen Vergewaltigung in den Knast komme. Heute morgen kam er in die Küche geschlurft, trank zwei Tassen Kaffee und hat sich sofort vor den Computer gehauen. Dort verweilte er mit kurzen Essenspausen bis zum frühen Abend. Die Ballergeräusche haben meine Nerven ganz schön strapaziert und zwar so, dass ich es irgendwann nicht mehr ausgehalten habe. Ich hab mich auf seinen Schoß gesetzt und ihm die Tastatur aus den Händen genommen.

»Hey, was soll das? Ich bin gerade in Level elf«, rief er entrüstet.

»Ach ja? Und ich bin scharf. Deine Level interessieren mich im Moment einen Scheiß, klar?«

»Und was soll ich jetzt machen?«

Meine Arme schlangen sich um seinen Hals. »Egal, Hauptsache du machst es mir.«

»Hast du mir nicht vor ein paar Tagen noch vorgeworfen, ich hätte nur Sex im Kopf?«

Ich rutschte ein bisschen auf ihm herum. »Kann mich nicht erinnern.«

»Ich soll ihn also jetzt da reinstecken, wo er hingehört?« grinste er.

»Zum Beispiel.«

»Und nur deswegen unterbrichst du mein wichtiges Spiel?«

Scheiße, jetzt bloß nicht losheulen. Frustriert sank ich von seinem Schoß und hockte mit Mordgedanken neben ihm. In aller Ruhe schaltete er den Computer ab, dann packte er mich und warf mich auf die Matratze. Ich spürte seine Lippen an meinem Ohr. »Ist es das, was du willst, Babe?«

»Ja«, keuchte ich.

»Sag mir, dass du mich spüren willst.«

Seine Hand nestelte an meiner Hose, öffnete die Knöpfe und zog sie herunter. Seine Finger wuschelten durch meine Haare.

»Ja«, schrie ich fast.

»Sag es. Sag, dass du mir gehörst – nur mir. Dass ich alles mit dir tun darf, was ich will...«

Oh, Sebastian hat alles Mögliche und Unmögliche mit mir getan und es war fantastisch!!

4.Juli

Liebes Tagebuch, ich glaube, ich habe mich von meinem Freund getrennt. Verfluchte Drecksscheiße. Ok, Ziggylein, ganz ruhig erstmal ...

Also, der Tag fing eigentlich ziemlich harmlos an. Gegen Mittag knallte sich mein Liebster vor den Computer, was mich total auf die Palme brachte. Wir haben gestritten und uns irgendwann wieder vertragen.

Nach'm Sex fragte ich, ob man nicht mal wieder ausgehen könne, aber Sebastian wollte... oh Wunder... nicht. Hab ihn scheiß Stubenhocker genannt und Schluffi und noch sowas in der Art, worauf er beleidigt schwieg. Er saß da auf meinem Bett, hat geraucht und vor sich hin gestiert.

»Ich begreife das nicht. Wieso ist es so ein Problem für dich, mal auszugehen? Ich meine, warum kannst du nicht auch mal etwas für mich tun? Sage ich vielleicht etwas, wenn du tagelang vorm Computer sitzt? Ich muss heute echt mal raus, sonst drehe ich durch.«

Sebastian würdigte mich keines Blickes.

»Könntest du bitte auch mal was sagen? Hallo...? Nein? Wie du willst. Bleib von mir aus hier. ICH gehe jedenfalls aus.«

Damit ließ ich ihn hocken, stylte mich und verschwand, ohne mich zu verabschieden.

Im 10.15 traf ich Tom.

»Hi, darf ich mich setzen?«

»Wenn du allein bist, ja, ansonsten...«

»Sebastian hatte keine Lust mitzukommen.«

Tom verzog spöttisch das Gesicht. »Wie? Der lässt dich tatsächlich aus den Augen? Hat der keine Angst, dass du von der gesamten Schwulenwelt abgeschleppt wirst?«

Ich nahm einen Schluck aus seiner Bierflasche. »Ach komm, so schlimm ist er auch wieder nicht.«

»Stimmt. Der ist noch schlimmer.«

»Er hat halt Panik, mich zu verlieren. Ist doch eigentlich ein Kompliment, dass er mich so sehr liebt.«

»So sehr, dass er mir in die Fresse haut. Aber ich schätze, du hast es nötig, dir das alles schön zu reden.«

»Hab ich gar nicht. Ich will mich nicht mit dir streiten, also sollten wir das Thema wechseln.«

»Du liebst ihn wirklich, oder?«

»Ja.«

»Du fehlst mir total, Ziggy. Hätte ich echt nicht gedacht aber es ist so.«

Mir wurde heiß. »Du mir auch«, gab ich leise zu. »Ich meine, als Freund...«

Tom beugte sich über den Tisch... ein Hauch von Honigshampoo umwehte meine Nase. »Ich wäre gerne dein Freund«, sagte er sehr leise und schmeichelnd.

»Willst du mich anmachen?« fragte ich unsicher.

Toms Finger spielten mit meinen Haarspitzen. »Ja, ich denke schon. Du gehst mir eben nicht mehr aus dem Kopf... egal was ich mache. Und ich rede nicht nur von Sex, obwohl ich natürlich daran auch ständig denke.«

»Hör schon auf. Ich bin mit Sebastian zusammen. Findest du es fair, mir sowas zu sagen?«

Er ließ sich zurückfallen und machte eine lapidare Handbewegung. »Ich hab‘s satt, immer nett zu sein. Du stehst ja offensichtlich auf Arschlöcher und wenn ich dadurch größere Chancen bei dir habe... warum tust du Sebastian nicht den Gefallen und gehst mit mir ins Bett? Er unterstellt dir das doch sowieso.«

»Du hast wohl ‘nen Knall«, rief ich entrüstet. »Wenn du nicht aufhörst so eine Scheiße zu reden, stehe ich auf und gehe.«

»Tschuldige, ich wollte nur ehrlich sein. Du machst mich halt scharf... kann ich was dafür?«

Ich erhob mich, doch Tom drückte mich wieder auf den Stuhl. »Schon gut, schon gut. Ich werde dich nicht weiter mit meinen armseligen Gefühlen belästigen. Willst du was trinken?«

»Wodka-Lemon.«

Nachdem Tom damit aufgehört hatte, mich rumkriegen zu wollen, hatten wir noch einen ziemlich netten Abend.

Die Lustigkeit blieb mir jedoch im Halse stecken, als ich vor der Haustür feststellte, dass ich meinen Schlüssel vergessen hatte. Ich klingelte. Erst zaghaft, dann Sturm. Sebastian konnte das unmöglich überhört haben, er regte sich jedoch nicht. Ich begann, ihn zu rufen, Steinchen ans Fenster zu werfen und nach einer Weile erschien sein verschlafenes Gesicht.

»Lass mich rein, ich hab den Schlüssel vergessen.«

Sebastian schloss das Fenster, ich wartete, doch niemand öffnete. Langsam wurde ich ungehalten. Was sollte der Scheiß? Um es kurz zu machen... ich schrie mir die Kehle wund und verbrachte den Rest der Nacht draußen auf der Treppe. Ich will mich gar nicht darüber auslassen, wie ich Sebastian verflucht habe, mir überlegte den Schlüsseldienst zu rufen, die Feuerwehr, die Polizei...

Irgendwann am nächsten Morgen wurde die Tür geöffnet. Mit tauben, kalten Gliedern stürmte ich ins Haus, suchte Sebastian überall und fand ihn schließlich in der Küche, bei einer Tasse Kaffee. Im ersten Moment war ich so auf hundertachtzig, dass ich gar nichts sagen konnte.

»Was war denn das bitte?« schrie ich.

Er blickte mich erstaunt an. »Was meinst du?«

Verzweifelt schnappte ich nach Luft und war kurz davor, ihm die Rübe abzuhacken. »Wie kannst du mich aus meinem eigenen verdammten Haus aussperren? Weißt du eigentlich wie kalt es draußen war? Du bist doch echt nicht mehr ganz dicht.«

»Hattest du einen schönen Abend... ohne mich?« fragte er ruhig.

Ich war vorm Durchdrehen. »Halt bloß deine blöde Kackfresse, sonst passiert was.«

»Ach ja? Und das wäre?«

Ehrlich gesagt wusste ich das selber nicht. Ich wusste nur, dass ich ihn nicht mehr sehen wollte. Seine bloße Anwesenheit machte mich so aggressiv, dass ich ihn hätte töten können.

»Hör zu«, zischte ich, »und hör mir ganz genau zu. Du packst jetzt deine Sachen und verpisst dich, ich hab nämlich endgültig die Schnauze voll von dir und deinem Schwachsinn. Du brauchst dringend Hilfe. Du bist gemeingefährlich, echt. Einsperren sollte man dich, aus dem Verkehr ziehen und... « Weiter kam ich nicht, weil er mir eine scheuerte.

»Krieg dich wieder ein. Ich kann deine Hysterie am frühen Morgen nicht ab.«

Ich stand einen Moment einfach nur da und hielt meine Wange. Ach du Kacke... Sebastian hatte mich echt geschlagen. Wohl überlegt und mit vollem Bewusstsein GESCHLAGEN!

Das tat weh... nicht nur im Gesicht. Was für eine Demütigung!

»Was glotzt du denn so?«

Ich dachte eigentlich, er wollte sich entschuldigen... tat er aber nicht, es kam noch besser.

»Ich hab mich lange genug von dir verarschen lassen«, brüllte er.

»Fick dich, du Arschloch. Warum schlägst du mich... warum bist du so?«

»Du hast es verdient«, war seine knappe Antwort.

»Wenn du denkst, ich lasse mir das gefallen irrst du dich. Du kannst mich anbrüllen, dich mit mir streiten aber schlagen... das hab ich echt nicht nötig.«

»Ach ja? Was willst du denn machen, Kleiner?« fragte er spöttisch.

Ich fand ihn in diesem Moment sehr ekelerregend. Das war nicht mehr mein Sebastian. Das war irgendein beschränkter Schlägertyp, der mich behandelte wie ein dummes Gör.

»ICH mache gar nichts aber du. Du wirst jetzt deine Sachen packen und verschwinden.«

Das war ernst gemeint, trotzdem hoffte ich immer noch, er würde sich entschuldigen.

Als er sich seelenruhig hinsetzte rastete ich aus. Stürmte in mein Zimmer, packte seine Klamotten zusammen und wollte sie gerade aus dem Fenster schmeißen, da kam er rein, wirbelte mich herum, klatschte seine Hand in mein Gesicht und warf mich zu Boden.

Ich spürte gar keinen Schmerz, ich war so unglaublich wütend, dass ich um mich schlug.

»Hör auf! Bist du irre, oder was?« rief er und versuchte mich festzuhalten.

»Verschwinde, ich will dich nicht mehr sehen«, jaulte ich.

»Hab eh keinen Bock auf einen Typen, der sich von jedem ficken lässt«, zischte er noch, kramte seine Klamotten zusammen und ging.

Tja und jetzt sitze ich hier, hab mir die Flasche Wein reingezogen, die noch da war und weiß überhaupt nicht, wie alles weitergehen soll. Ich weiß nur... mein Freund darf mich nicht einfach schlagen. Bin doch kein Vollidiot. Hab mir eh schon werweißwas gefallen lassen. Irgendwann ist das Maß voll, der Bogen überspannt und... oh und ich merke gerade, dass der Alk anfängt zu wirken. Bin voll und gehe schlafen.

später...

Mein Schädel schmerzt, trotz eingeworfener Paracetamol. Scheißalk, Scheißtyp, Scheißleben. Ich finde, der könnte ruhig mal anrufen und sich ganz lieb entschuldigen. Ach was, der soll sich verpissen. Ehrlich, was der sich schon alles geleistet hat. Tom verprügelt, mich verprügelt, mich fast vergewaltigt... naja, zugegeben, ich hab das schon auch irgendwie gewollt, aber darum geht es nicht. Was folgern wir daraus? Sebastian ist ein geisteskranker Psycho und auch wenn ich ihn liebe... so funktioniert nun einmal keine Beziehung. Scheiße, ich will aber nicht, dass Schluss ist. Was soll ich denn bloß machen??

5.Juli

Ich halte es nicht aus!!!

Versuche, mich abzulenken... geht nicht. Versuche, nicht an ihn zu denken... geht auch nicht.

Hab schon tausendmal den verfluchten Telefonhörer in die Hand genommen und dann doch nicht seine Nummer gewählt. Scheiße, wer bin ich denn? Ich habe nichts verbrochen. Er muss sich melden und wenn ihm etwas an mir liegt, tut er es.

6.Juli

Ihm liegt offensichtlich nichts an mir. Kacke, wieso jammere ich hier eigentlich rum? Sebastian und ich – das konnte einfach nicht gut gehen.

später...

Ich werd bekloppt. Seit zwei Stunden ruft Sebastian im Dreiminutentakt an. Hab jetzt erstmal den verdammten Stecker aus der Dose gerissen. Ahhh, welch himmlische Ruhe. Die ersten Male bin ich noch rangegangen, hab mir sein rühriges Gefasel reingezogen, seine dämlichen Beteuerungen, dass er sich bessern wird, dass es ihm leid tut, aber ich sei ja wohl auch nicht ganz unschuldig an der Sache. So ein Arsch! Was hab ich denn getan? Oh, ich bin ausgegangen... klar, das ist ein sehr triftiger Grund, um völlig auszuflippen. Jedenfalls weiß ich nun irgendwie, dass ich mit ihm fertig bin. Scheiße, dabei liebe ich ihn, aber... nein, der macht mich kaputt. Je eher ich das begreife, desto besser. Diese bepisste Arschgeige. Hey, fluchen macht Spaß und tut nicht so weh. Dämlicher Drecksack, Kack-Schwuchtel, Psychopenner, Aalficker.

Ach, wem will ich eigentlich was vormachen? Ihn beschimpfen bringt mich nicht weiter. Wenn ich wenigstens jemanden zum reden hätte... Tom kann gut zuhören aber ich kann ja schlecht in der WG auftauchen. Ben und Nico sind in Mailand und Simon will immer nur das eine. Und auf einmal stellt man fest, dass man, wenn es drauf ankommt, eben doch allein dasteht ...

Mein Bett riecht nach Sebastian. Hab eine Stunde einfach nur dagelegen, geschnüffelt und geflennt. Ich vermisse ihn.

7.Juli

Sebastian fehlt mir...

8.Juli

Ich vermisse seine Nähe...

9.Juli

Ich hasse ihn...

10.Juli

Ich glaube, ich muss ohne Sebastian sterben. Ehrlich, ich weiß nicht, wie ich die Trennung aushalten soll? Wie konnte ich nur so dämlich sein und mich von ihm trennen? Nein, ich weiß ja, warum. Trotzdem, ich will ihn wiederhaben!! Nee, will ich gar nicht... nur ein kleines bisschen. Ich drehe durch...

Gestern und vorgestern gab es noch Anrufe, er stand sogar vor meiner Tür und es ist mir alles andere als leicht gefallen, ihn nicht reinzulassen. Am liebsten hätte ich ihn in die Arme genommen und ihm gesagt, dass ich ihn niemals wieder weglasse. Ich fühlte mich, als würde mir mein verdammtes Herz rausgerissen, als ich vom Fenster aus sah, wie er bedröppelt wegschlich. Hab mich dann auch gleich erstmal besoffen. Hat übrigens null Spaß gemacht, aber ich musste wenigstens nicht nachdenken. Eine Dauerlösung ist das weißgott nicht. Will ja kein Spritti werden.

Morgen kommen Mom und Dad zurück. Die brauche ich momentan so dringend wie einen Kropf. Die faseln mich bestimmt die ganze Zeit mit Urlaubsanekdoten voll, wollen mir Fotos zeigen und so'n Scheiß. Zum Kotzen!!

Huch. Hilfe – es klingelt gerade. Hoffentlich nicht Sebastian.

später...

War nicht Sebastian sondern Tom!

»Hi«, begrüßte er mich, »wollte mal sehen, ob du in Ordnung bist.«

»Wieso...ist was passiert?«

»Naja, Sebastian hat Carlo gegenüber so komische Andeutungen gemacht – mit mir spricht er ja nicht – und irgendwie klang das verdächtig nach Superzoff und Trennung. Würde auch zu seiner Laune passen.«

Wir gingen in mein Zimmer, ich war immer noch im Pyjama – nachmittags um drei – konnte mich also sofort wieder ins Bett knallen und mir die Weinflasche an den Hals setzen.

»Mann, ist es so übel?« wollte Tom wissen und klang wirklich besorgt.

Ich erzählte ihm das Wesentliche, während ich immer betrunkener wurde.

»Also da hätte ich aber auch nicht anders reagiert. Ich wusste ja, dass Sebastian ein kleiner Psycho ist aber das... der ist ja total durchgeknallt. Der hat dich echt geschlagen? Das gibt's doch gar nicht.«

»Ja, das dachte ich auch«, entgegnete ich finster, »und weißt du was das Schlimmste ist? Ich will ihn immer noch. Er fehlt mir so sehr, dass ich bescheuert werde.«

Tom zog eine Braue hoch und deutete auf die inzwischen geleerte Flasche. »Und zum Säufer, was?«

»Ach das hab ich im Griff... wenn auch sonst nichts.«

»Ziggy, das klingt vielleicht herzlos aber... vergiss diesen Scheißer. Es ist doch besser so. Sebastian ist einfach zu gestört.«

»Hast du noch mehr solcher Weisheiten? Warum bist du überhaupt hier? Denkst du, jetzt wo mit Sebastian Schluss ist, lasse ich dich wieder ran oder was? Das kannst du vergessen.«

Er atmete tief ein und wieder aus. »Wenn ich nicht wüsste, dass du besoffen bist, wäre ich jetzt ernsthaft sauer.«

»Ach hör auf zu faseln. Ich bin doch für dich nichts weiter als eine gute Nummer.«

»Du solltest das jetzt wirklich lassen. Vielleicht trinkst du erstmal einen Kaffee, damit du wieder nüchtern wirst.«

»Ich will nicht nüchtern werden und ich will deinen scheiß Kaffee nicht. Lasst mich doch alle in Frieden.« Ich drehte mich um und zog mir zur Bekräftigung meiner Worte die Decke über die Ohren.

»Na schön«, hörte ich ihn sagen, »wenn du reden willst, oder was auch immer... du hast meine Telefonnummer. Ansonsten, viel Spaß beim Saufen.«

Als Tom weg war bekam ich einen Heulanfall von der übelsten Sorte. Mann, ich wollte doch gar nicht solche Sachen sagen. Es war doch nett von ihm, nach mir zu sehen. Und ich? Verflucht, es geht aber auch alles schief...

11.Juli

Argh, die Elternfront ist im Haus. Hach, und wie gut erholt die sind, und wie braun die geworden sind, und wie verliebt die wieder sind – hähä, aber auch nur bis Dad wieder arbeiten muss, Mom sein Geld zum Fenster rausschmeißt und sich darüber aufregt, dass er keine Zeit für sie hat. Was für eine beknackte Beziehung führen die eigentlich? Wenigstens hat Dad Mom nie geschlagen... jedenfalls hab ich sowas noch nie mitbekommen... und ausgesperrt hat der eine den anderen auch nicht. Die sollen ja von mir aus glücklich sein aber nicht direkt vor meiner Nase. Natürlich wollten die mich zulabern, hab mich allerdings sofort in mein Zimmer verzogen. Spaniens Schönheiten interessieren mich einen Dreck. Überhaupt interessiert mich gar nichts mehr. Ich fühle mich leer und kaputt und ichweißnichtwas. Eigentlich fühle ich mich gar nicht. Ja, das trifft es irgendwie. Das ständige Saufen und Beduseltsein hilft mir auch nicht richtig. Wozu saufen, wozu überhaupt irgendwas tun?? Ich wünschte, ich könnte einfach verschwinden. Nicht sterben oder sowas... einfach nur auflösen, nicht mehr da sein...

14.Juli

Hab lange mit Simon gequatscht, ihm ziemlich viel von Sebastian und mir erzählt und er war überraschend verständnisvoll und mitfühlend. Jedenfalls hat es ganz gut getan, obwohl er mir auch nur Sachen sagen konnte, die ich eh schon wusste. Dass die Trennung richtig war, dass Sebastian ein Rad ab hat, ich schon viel zu lange viel zu viel ausgehalten habe, dass es natürlich jetzt erstmal wehtut aber auf die Dauer das Beste, und dass der Liebeskummer schließlich irgendwann überwunden ist, während ich in der Beziehung vermutlich länger hätte leiden müssen usw.

Weiß ich doch... weiß ich doch alles. Das hilft mir momentan aber nicht weiter. Ich liebe Sebastian und will ihn zurück, obwohl mein Verstand nein sagt. Es tut sagenhaft weh, so weh, dass ich manchmal kaum Luft bekomme. Wenn ich ganz ehrlich bin, ist Sebastian meine erste große Liebe. In Simon war ich zwar tierisch verknallt, doch als wir uns trennten, hab ich nicht wirklich lange gelitten, naja und Tom... ja, das hätte was werden können, wenn eben Sebastian nicht in mein Leben gebollert wäre und er mal ‘n bisschen früher die Klappe aufgemacht hätte. Ich sollte ihn anrufen und mich für meine Unausstehlichkeit entschuldigen.

Aber wenn ich anrufe und Sebastian ist dran... ach du Scheiße! Ich frage mich, ob ich nicht zu heftig reagiert habe, gleich mit ihm Schluss zu machen? Ich meine, was ist denn schon passiert?! Dann wieder denke ich, dass ich schwachsinnig bin, überhaupt darüber nachzudenken und das alles so herunterzuspielen. Es sind einfach heftige Sachen passiert... daran gibt's nichts zu rütteln und die Ohrfeige war ja auch nur der letzte Auslöser. Eigentlich hat es doch bei uns nur im Bett geklappt und was ist das für eine Beziehung, in der man sich ständig streitet, der eine von Eifersucht getrieben den anderen versucht zu kontrollieren und nur das Vögeln Spaß macht? Ein riesiger Haufen Scheiße ist das. Ein paar gute Abgänge... sonst nichts.

16.Juli

Was soll ich noch schreiben? Sebastian fehlt mir, ich will ihn zurück, will lieber seine bescheuerten Launen und Anfälle ertragen, als noch länger von ihm getrennt zu sein. Fühle mich müde und kaputt und tot, bin aber tierisch nervös und kann kaum schlafen. Warum tut das bloß so verflucht weh??

Habe nicht die Kraft, mehr zu schreiben...

20.Juli

Tom war heute für zwei Stunden da. Der ist gar nicht böse auf mich. Hab ihn nach Sebastian gefragt, doch er konnte oder wollte mir nichts erzählen. Außer, dass der Blödarsch sich von Trisha trösten lässt. Na Toll! Wie DIE ihn tröstet, kann ich mir lebhaft vorstellen. Allzu lebhaft. Wackelt bestimmt mit ihrem Hintern und presst ihm ihre scheiß Titten ins Gesicht und er ist froh und glücklich, dass er nicht mehr schwul sein muss. Gott... ich hasse Sebastian und ich hasse Trisha und ich hasse mich, weil ich nicht von dem Penner loskomme.

Ich frage mich, ob Sebastian mich jemals wirklich geliebt hat? Ich meine, der tut ja nichts, um mich zurückzugewinnen. Einige Anrufe, einmal vor meiner Tür stehen – das reichte ihm. Ist schon komisch, ich dachte einfach, er wäre vielleicht hartnäckiger. Nicht, dass ich mir wünsche, von ihm dauernd belästigt zu werden... aber dass er sich so total aus dem Staub gemacht hat... Ich an seiner Stelle würde nichts unversucht lassen. Naja, war dann wohl doch mehr nur bei mir richtig Liebe im Spiel. Eigentlich ganz gut, dass er sich so verhält... so komme ich vermutlich schneller über ihn hinweg.

Mom fragt mich andauernd, ob irgendwas los sei, ich würde ja nur noch im Zimmer hocken, ob ich nicht mal raus will, mich mit Freunden treffen usw. Hab keine Lust, mit ihr über mein Privatleben zu faseln und gehe ihr aus dem Weg.

Tina, meine schwangere Schwester war heute da. Mann, ist die fett geworden. Ich glaube allerdings nicht, dass das schon was mit dem Balg zu tun hat, das sie mit sich rumschleppt, sondern mit ihrem Fressverhalten. Die ist so klischeeschwanger, da wird's mir echt übel. Frisst die abenteuerlichsten Sachen und erzählt stolz, in welche Klamotten sie schon nicht mehr reinpasst. Das arme Kind wird vermutlich schon als fettsüchtiger Dickmops auf die Welt kommen. Was die sich alles in den Schlund geschaufelt hat und in welch rasanter Geschwindigkeit. Ich hatte schon Angst, sie würde den Teller mitsamt Tisch verspeisen und dann mit der Wohnungseinrichtung weitermachen. Mir hat sie auch ein, zwei sehr gierige Blicke zugeworfen. Bestimmt hat sie mich in Gedanken schon auf einem Tablett liegen sehen, mit Karotten und anderem Gemüse dekoriert und einem Apfel im Mund. Die ist echt zum Kühlschrank gegangen und hat sich zum Käsekuchen ein Glas mit sauren Gurken geholt.

Also bitte... SO schwanger kann man doch gar nicht sein. Außerdem dachte ich immer, dass Frauen nur am Anfang so komische Sachen essen. Aber die kotzt ja auch immer noch am Morgen. Kein Wunder, wenn der schöne Arne neben ihr liegt und mit Stink-Atem ein kröchelndes ‘Ich liebe dich‘ ins Gesicht haucht. Da würde ich mit dem Kotzen nie wieder aufhören. Ach, aber die Arme hat es auch nicht leicht. Diese ständigen Rückenschmerzen, die Schuhe werden zu eng, weil die Füße immer geschwollen sind und dann die Ödeme. Ich finde, die hätte sich sterilisieren lassen sollen. Oder warum hat Arne ihr nicht heimlich die Pille verabreicht? Der ist für sowas eben viel zu blöde. Jetzt hat er meine fette Schwester an der Backe. Als sie (Tina) dann aber damit hausieren ging, dass sie mit Arne jetzt immer die Löffelchenstellung praktiziert, ging ich... und zwar in mein Zimmer. So etwas will ich nun wirklich nicht wissen. Puh, ich muss mich jetzt noch schütteln. Wieso zum Teufel erzählt die sowas, wenn ihr Bruder dabei ist? Hat die denn nicht das kleinste bisschen Schamgefühl? Ich lasse mich schließlich auch nicht darüber aus, wie geil Sebastian mich gevögelt hat.

Scheiße, Sebastian wird mich nie wieder vögeln.

Hab erstmal mein Bett frisch bezogen. Wenn ich andauernd seinen wundervollen Geruch in den Nüstern habe, komme ich niemals von ihm los.

Auch das noch! Mom hat gerade gerufen, dass Besuch für mich da ist. Wenn das Sebastian ist, gehe ich am Stock...

21.Juli

Der Besuch war nicht Sebastian, aber am Stock gehe ich trotzdem. Ich bin also gestern beklommen die Treppe runtergeschlichen, hab erstmal vorsichtig ins Wohnzimmer gelugt, da saß... Benedikt.

»Hey, was machst du denn hier? Ich dachte, du bist in Mailand«, begrüßte ich ihn.

Er sah mich finster an, dann traurig, dann wieder finster. »Da war ich auch...bis gestern.«

Ich ahnte Schreckliches, nahm eine Flasche Wein aus dem Vorratsschrank und bugsierte ihn in mein Zimmer.

»Was'n passiert?« wollte ich wissen, während ich mich aufs Bett knallte und die Flasche öffnete.

»Nico ist eine verdammte Ratte. Das ist passiert«, entgegnete er und nahm einen Schluck Wein.

»Geht es vielleicht etwas genauer?«

»Eine miese kleine Nutte ist er, nichts weiter. Mann und ich dachte, er will nur mich und dass unsere Beziehung was besonderes ist... ich Vollidiot. Gleich am zweiten Tag hat er sich von so einem Typen aufreißen lassen, ständig musste der mit uns rumhängen und ihn angrapschen und ihm... ihm hat das gefallen. Als ich mit Nico darüber sprechen wollte, hat er mich ausgelacht, gesagt, dass ich Gespenster sehe und überreagiere. Findest du es übertrieben, sich darüber aufzuregen, wenn dein Freund sich die ganze verdammte Nacht mit einem anderenTypen rumtreibt und er behauptet, dass der Typ nur reden wollte und gar nichts passiert ist? Das kann er einem Trottel erzählen. Der Scheißtyp hat nicht eine einzige Gelegenheit ausgelassen, um Nico anzumachen und dann soll da nichts gelaufen sein? Ich bin doch nicht blöd. Jedenfalls haben wir uns gestritten und jetzt bin ich wieder hier und habe keinen Freund mehr. Und...wie geht es dir so?«

»Ich habe auch keinen Freund mehr«, sagte ich und nahm ihm die Flasche aus der Hand.

Dann berichtete ich knapp von der Sache mit Sebastian.

»Also ich will ja nichts sagen aber auf mich hat der von Anfang an einen fiesen Eindruck gemacht«, erklärte Benedikt nachdenklich.

»Danke, das ist genau das, was ich hören will.«

»Entschuldige, ich wollte nur ehrlich sein.«

»Ja, was soll's.«

Eigentlich wollte ich ihm erzählen, was zwischen Nico und mir abgelaufen ist, aber ich entschied mich dagegen. Wieso Benedikt noch mehr zumuten? Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass Nico seinen Angelino tatsächlich betrügen würde. Und dann noch nicht einmal mit mir.

»Und du bist dir ganz sicher, dass Nico mit dem Kerl was hatte?« fragte ich vorsichtshalber nochmal nach.

»Der war die ganze Nacht weg und hatte am Morgen einen Knutschfleck, und der war nicht von mir. Was für Beweise brauchst du noch?«

»Naja, Knutschfleck... mhh... vielleicht ist der Typ über Nico hergefallen, doch der hat ihm klargemacht, dass nichts läuft, weil er mit dir zusammen ist?« mutmaßte ich.

»Klingt sehr realistisch.«

»Was hat Nico denn überhaupt gesagt?«

»Na eben das nichts war, was sonst?« entgegnete Benedikt lallend, lehnte sich auf meinem Bett zurück und trank die Flasche leer. Ich holte derweil eine neue.

Benedikt sah mich plötzlich aus reichlich verschleierten Augen an. »Sag mal, kann ich vielleicht heute hier bleiben? Ich hab keinen Bock auf meine Mutter, die will mich trösten und das ist echt zu heftig.«

»Klar«, entgegnete ich und war froh, nicht alleine sein zu müssen.

»Kann ich mir ‘n Shirt von dir borgen? Hab ja keine Klamotten zum schlafen dabei.«

Nickend wankte ich zum Schrank, warf ihm mein Alien Sex Fiend Shirt in die Arme und mich wieder neben ihn aufs Bett. Ich war echt ganz schön breit, denn plötzlich fuhr mein Arm aus und meine Finger strichen einige Haarsträhnen aus seiner Stirn. »Nico ist ein Arschloch«, faselte ich und überlegte noch, was ich eigentlich vorhatte. »Ich meine, wie kann der dich betrügen? Ich meine, wie kann überhaupt einer einen betrügen?«

»Keine Ahnung... is mir scheißegal.«

»Ich hab eine Luftmatratze aber... ich hab jetzt echt keine Lust die zu holen.«

»Is mir auch egal. Wenn du kein Problem damit hast, mit mir dein Bett zu teilen...«

»Nee... aber nicht dass du denkst... ich will dich irgendwie anmachen, oder sowas.«

Er schüttelte heftig den Kopf, was zur Folge hatte, dass seine Haare ihm wirr ins Gesicht fielen. Wahnsinn, das gab ihm etwas absolut Wildes, dazu noch dieser unverschämte Blick, die geröteten Wangen. Mir ist vorher nie aufgefallen, dass Ben so... naja, so sexy ist.

»Du siehst aus wie Prinz Van«, sagte ich leise und wollte aufeinmal nichts mehr, als ihn anmachen.

Ben grinste, was mein Herz ziemlich zum Poltern brachte. »Ah, du bist auch so'n Escaflowne-Freak, was? Ich muss dich enttäuschen, ich hab leider keine Flügel.«

»So? Aber du bist doch ein Angelino.«

»Jetzt nicht mehr«, entgegnete er finster.

»Tschuldige, ich wollte dich nicht an Nico erinnern.«

Er zuckte die Achseln, zog sein Shirt aus und mein Sex Fiend Shirt an, danach schlüpfte er aus seiner Hose und setzte sich unter meine Bettdecke. »Hast du noch Wein?«

»Hast du noch nicht genug?«

»Noch lange nicht. Die Tatsache, dass Nico noch in meinem Kopf rumspukt sagt mir, dass ich noch viel viel mehr trinken sollte.«

Mir spukten andere Sachen im Kopf rum und ich schämte mich dafür, schließlich hatte ich mich gerade erst von Sebastian getrennt... von meiner großen Liebe... und Benedikt war auch nicht gerade in bester Verfassung.

Er friemelte an seiner Hose, die auf dem Boden lag und kramte eine Schachtel Zigaretten raus.

»Darf ich rauchen?«

»Bist du denn schon alt genug dafür?« grinste ich.

Er beugte sich zu mir rüber. »Wie alt muss man denn sein dafür?« säuselte er.

Ich ging ein bisschen kaputt.

»Willst du auch?«

»Nee, danke.«

Er zündete eine Zigarette an und blies langsam den Rauch aus. »Ich hab vor Nico eigentlich nie geraucht«, erklärte er beiläufig, »der raucht ja wie ein verdammter Schlot... besonders nach'm Sex. Und irgendwie hab ich mir das halt angewöhnt.«

Kacke, musste der jetzt sowas sagen?

»Aber... du hattest doch noch gar keinen Sex.«

Kacke, musste ich jetzt sowas sagen?

Benedikt antwortete nicht, sondern griff nach der Flasche. Sein Shirt – mein Shirt – war ihm über die Schulter gerutscht. Das sah extrem süß aus. Besonders, als er es wieder hochschob und es gleichdarauf erneut hinabfiel. Ich gratulierte mir selber, dass ich den Kragen irgendwann mal abgeschnitten hatte.

»Äh...entschuldige... ich hab vergessen, was du gerade gesagt hast.«

»War auch nicht so wichtig«, antwortete ich. »Wir sollten jetzt schlafen.«

»Meinetwegen«, gähnte er und ließ sich zurück fallen.

Ich zog mich aus und legte mich neben ihn.

»Sind deine Füße immer so kalt?« kicherte er.

»Ja, tut mir leid«, murmelte ich verschämt und drückte mich an die Wand.

»Schon okay. Du kannst ruhig wieder herkommen. Meine Hände sind auch meistens kalt. Hier.« Er schob kurz eine Hand unter mein Shirt und berührte meine nackte Haut. Ich zuckte zusammen und schnaufte leicht. Plötzlich waren seine Lippen an meinem Ohr. »Hey, stehst du etwa auf kalte Hände?«

Mir wurde unglaublich schummrig. Du lieber Himmel, wenn der so weiter machte, konnte ich für nichts garantieren. Dabei hatte ich eigentlich wirklich gar nichts dergleichen im Sinn gehabt. Bevor ich etwas sagen konnte, hatte ich wieder seine Hand unterm Shirt.

»Wahnsinn, ich kann spüren, wie schnell dein Herz klopft.«

Ob er auch spüren konnte, wie hart mein Schwanz war?

Sein Kopf legte sich auf meine Brust. »Ich kann es sogar hören.« Benedikt rieb sein Gesicht an meinem Shirt, er atmete geräuschvoll und biss durch den dünnen Stoff in meine Brust, dabei schnurrte er wie eine Katze, während seine Finger meine Brustwarze rieben. »Wahnsinn, wie hart die ist«, hauchte er betrunken und ziemlich geil an meinem Ohr. »Tut das nicht weh?« Dabei lutschte und knabberte er plötzlich an meiner in der Tat ultra harten Brustwarze, dass ich dachte, sie müsse gleich zerspringen.

Nico muss echt ein völliger Blödian sein, dass er durch sein Verhalten Gefahr läuft, sowas

alles aufs Spiel zu setzen.

Und was war mit mir los? Ich konnte das unmöglich zulassen. Leider fühlte es sich zu gut an und so hinderte ich ihn nicht daran, als er sich auf mich legte und mich küsste. Mann, das war ganz unglaublich süß. Er biss mir sanft in die Lippe und mein Körper begann zu kribbeln, doch nach einer Weile schob ich ihn weg.

»Meinst du, das ist eine gute Idee?«

Benedikt grinste dreckig. »Nein aber... willst du jetzt aufhören?«

Ich schüttelte benommen den Kopf. War ja eh schon alles egal.

Also ich habe NICHT mit Benedikt geschlafen. Lediglich geküsst haben wir uns und ein bisschen gefummelt. Trotzdem war es heute morgen ziemlich unentspannt, als wir wach wurden... als wir wieder nüchtern waren. Er ist dann auch sehr schnell abgehauen. Jetzt bin ich irgendwie verwirrt. Ich meine, ich weiß, ich bin nicht in Ben verliebt... das Küssen war zwar total schön, aber es geschah doch mehr aus einer Laune heraus. Ich würde nur gerne wissen, wie er das alles sieht.

22.Juli

Vermisse Sebastian immer noch. Scheiße, das wird sich wohl auch so schnell nicht ändern. Warum kann nicht wieder alles wie vorher sein??

Hab gestern abend noch Benedikt angerufen und ihn überredet, zu mir zu kommen.

Erst war es ganz schön reserviert. Er saß da ziemlich verkrampft auf meinem Bett, rauchte wie ein Irrer und konnte mich kaum anschauen.

»Hör mal, ich würde gerne mit dir reden«, begann ich, worauf Ben den Kopf hob und mich nervös anstierte.

»Das gestern... also... ich, ich weiß nicht, wie...«, stammelte er.

Ich setzte mich neben ihn. »Es ist doch kaum was passiert.«

»Trotzdem ist mir die Sache irgendwie unangenehm. Und ich will nicht, dass du denkst, ich würde sofort mit jedem ins Bett gehen. Ich meine, wenn wir nicht...«

Ich strich mir übertrieben durch die Haare. »Bin ich denn jeder?«

Benedikt grinste endlich. »Du weißt schon was ich meine.«

»Aber genau das könntest du ja auch von mir denken. Also Schluss mit irgendwelchen Schwachsinnsbefürchtungen.«

»Und du meinst, wir können das vergessen und ganz normal befreundet sein?«

»Klar, wieso auch nicht? Oder kannst du mich auf einmal nicht mehr ausstehen?« fragte ich samtig und war schon wieder drauf und dran ihn anzumachen. Hoffentlich war er so klug, es zu ignorieren, sonst würden wir das mit der Freundschaft doch nicht so einfach hinbekommen. Scheiße, hatte ich denn echt nur Sex im Kopf? Ich war ja wohl komplett übergeschnappt. Dabei hatte ich gar nicht mal so unbedingt Sex im Sinn. Ich wollte einfach nur jemanden zum ankuscheln.

»Ich denke, du weißt, dass ich dich gern habe, Ziggy.«

»Dann ist doch alles in Ordnung, oder?«

Benedikt nickte und senkte danach den Kopf. »Ich... ich hätte gerne mit dir... ich meine... nein, vergiss es... ich sollte dir das nicht sagen. Weißt du... Nico ist der Einzige, mit dem ich bis jetzt... den ich geküsst habe.«

Verdammt nochmal, der sollte es sofort lassen, so unerhört süß zu sein. »Ja, das dachte ich mir.«

Erstaunt sah er mich an. »Wieso? Hab ich mich so dumm angestellt, oder was?«

Oha, wir waren auf dem besten Weg, schon wieder im Bett zu landen. Und diesesmal würde mehr passieren!

»Nee, ganz im Gegenteil.«

Wir blickten uns an... viel zu lange. Ich hatte das bestimmte Gefühl, dass er mich küssen wollte und was mich betraf... ich hatte mich eh schon die ganze Zeit sehr zurückhalten müssen.

»Wir sollten damit aufhören«, sagte Ben, ohne seinen Blick abzuwenden.

»Ganz deiner Meinung. Das führt doch auch zu nichts. Ich meine, das gibt doch nur noch weitere Komplikationen.«

Er nickte. »Genau und ich bin auch immer noch irgendwie mit Nico zusammen.«

»Genau«, pflichtete ich ihm bei und küsste ihn auf den Mund.

»Und ich muss mich unbedingt erstmal mit ihm aussprechen«, fügte er hinzu, als unsere Lippen sich voneinander getrennt hatten.

»Das solltest du auf jeden Fall«, stimmte ich zu, bevor er mich küsste.

»Ich denke, ich gehe besser nach Hause.«

Seine Zunge umschlängelte meine.

»Jetzt gleich?«

»Ja«, flüsterte er und begann an meinen Lippen zu saugen und zu knabbern.

»In Ordnung.«

Er schob mich weg, was ich schade fand. »Ich meine es ernst.« Benedikt sprang auf und lief zur Tür.

»Also, wir sehen uns.«

»Ich ruf dich an«, entgegnete ich.

Langsam drehte er sich um und ließ sich mit dem Rücken gegen die Wand fallen. Scheiße, das sah gut aus. Auch als er sich nervös mit den Fingern durch die Haare fuhr. Er atmete mehrmals sehr angestrengt. »Aber ich... ich...« Sein Hinterkopf stieß gegen die Wand. Er schien mit sich zu kämpfen und das regte mich total auf.

Ich stellte mich vor ihn. »Was wolltest du sagen?«

Ben sah mich an... auch diesesmal viel zu lange.

»Ziggy, du... oh Mann, du musst aufhören, mich so anzumachen.«

»Das musst du gerade sagen.«

Sein Kopf fiel wieder in den Nacken. »Verdammt... ich... ich will mit dir ins Bett.« Er sah mich an und biss sich leicht auf die Lippe. »Aber... das geht doch nicht. Oder? Das können wir nicht...«

Zum Glück hab ich mich anscheinend in eine gewissenlose Schlampe verwandelt, denn ich nutzte die Situation hemmungslos aus, und dass er sich so sehr dagegen wehrte, machte das Ganze nur noch interessanter. Ich glaube, ich bin ein Schwein! Ein unmoralisches, sexbesessenes irres Schwein!

»Okay, dann geh nach Hause.« Ich wusste, er würde es nicht tun.

»Du willst, dass ich gehe?«

»Nein. Ich will dich bei mir haben. Ich will dich spüren.«

Er drehte sich um, legte den Arm an die Wand und drückte seine Stirn dagegen. Ich hörte sein unterdrücktes Schluchzen und war unglaublich heiß auf ihn. Alles was er tat reizte mich maßlos. Langsam zog ich ihn von der Tür weg.

Euer Ehren – ich habe mit Benedikt geschlafen! Und es einfach nur als schön oder geil zu bezeichnen, wäre irgendwie nicht ausreichend. Benedikt war ganz und gar hinreißend. Ich hab, glaube ich, sowas noch nicht erlebt. Es war weder so'n austesten wie mit Simon, noch war es so geil-ruppig und ordinär wie mit Sebastian. Mit Tom war es immer sehr schön und sinnlich und zuweilen auch ziemlich wild. Mit Benedikt war es unglaublich ruhig und entspannend. Ich fühlte mich warm und weich und samtig... kein superexplosionsartiges Abspritzen, es war mehr wie das endlose Schaukeln auf einer sanften Welle. Benedikt war sehr sehr zärtlich und süß und lieb...

Danach haben wir stundenlang einfach nur so zusammen gelegen und geredet. Ich hab nicht die geringste Ahnung, wo das alles enden soll. Ich weiß ja nicht einmal, was ich überhaupt für wen empfinde. Ich liebe und vermisse Sebastian und schlafe mit Ben. Ich bin doch ein ziemlicher Drecksack, oder? Ich meine, was vögel ich eigentlich so fröhlich in der Gegend rum?

Was Sebastian wohl gerade macht? Ob er an mich denkt? Ob er mich auch vermisst und zurückhaben will? Der kann doch nicht einfach alles, was zwischen uns war vergessen haben. Es muss ihm doch auch etwas bedeutet haben. Ich möchte so gerne bei ihm sein...

Oh Mann und was zum Teufel passiert, wenn ich Ben das nächstemal treffe? Gott, was mag in ihm vorgehen? Ich meine, wir wissen beide, dass wir wen anders lieben... trotzdem konnten wir unsere Griffel nicht voneinander lassen. Und ich dachte immer, wenn überhaupt, dann fange ich was mit Nico an. Ich war echt verschossen und plötzlich liegt Ben neben mir und ist so unglaublich toll...

23.Juli

Hab mich heute den ganzen Tag vor Sebastians Haus rumgedrückt – keine Ahnung was das sollte. Natürlich hab ich weder geklingelt, noch kam er zufällig raus und so bin ich nach Hause geschlichen und nun habe ich Depressionen. Fühle mich extrem einsam.

24.Juli

Samstag... ich sollte ausgehen, aber das ist mir zu anstrengend. Was soll das auch bringen? Bleibe lieber hier und versuche, mich mit Lesen abzulenken. Verdammt, Benedikt meldet sich gar nicht. Ob der sauer ist? Irgendwie wird mir das alles langsam zuviel. Wo ist der Spaß geblieben???

26.Juli

Ich halte es im Kopf nicht aus. Kacke... ich bin NICHT in Benedikt verliebt. Oh Gott... aber wenn der mich mit seinen großen Augen ansieht... werden meine Knie weich und ich will ihm nur noch um den Hals fallen. Wenn er verschämt und schüchtern da sitzt... der ist die pure Süße! Wie ein Vanilleshake, wie Karamelleis mit Sahne und Krokantsplittern... man kann der Versuchung nicht widerstehen!

Also wir haben uns verabredet, wollten diese Sexsache klären und überlegen, wie wir uns weiterhin verhalten sollen. Er saß auf meinem Bett wie ein Häufchen Elend. Fuhr sich andauernd nervös mit den Fingern durch die Haare... das machte mich wiederum nervös. »Hör mal, Ziggy... es... es tut mir leid.«

»Was?« fragte ich sanft. »Dass wir miteinander geschlafen haben?«

»Was sonst.«

»Fandst du's nicht schön?«

»Nein... ja... ich meine, es sind die Umstände... die... es war nicht richtig. Ich liebe Nico.«

»Und ich Sebastian... schön, dass wir das geklärt haben.« Kacke, was war ich denn plötzlich so pampig? Das wollte ich gar nicht. »Ich meine... ich weiß doch, dass du nicht auf einmal in mich verliebt bist, ich... ach, vergiss einfach, was passiert ist. Wir waren beide mies drauf... das war‘s.«

»Entschuldige aber... für mich ist das nicht so einfach. Ich hab verdammt noch mal mit dir geschlafen, auch wenn dir das anscheinend nichts bedeutet hat.«

Oh je... da hatte er aber etwas gründlich missverstanden. Ich wollte doch nur... ja, was?

»Das wollte ich damit nicht sagen. Es... scheiße, ich weiß auch nicht, was los ist.«

»Was mach ich denn, wenn Nico wieder da ist?«

»Auf keinen Fall sagen, was passiert ist«, erklärte ich schnell.

»Bist du wahnsinnig? Ich kann ihm sowas doch nicht verheimlichen.«

»Naja aber er hat dich doch auch betrogen. Gleiches Recht für alle«, versuchte ich zu scherzen.

»Sehr lustig.«

»Entschuldige.«

Ben friemelte nervös eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie an. Teufel, musste der jetzt rauchen und sich vorher noch so hinreißend die Lippen lecken? Seine Ellenbogen stützen sich auf seine Schenkel, er vergrub sein Gesicht in die Hände, rieb angestrengt seine Stirn... ich wollte kaputtgehen!

»Hast du inzwischen was von Sebastian gehört?« fragte er.

»Nee, nichts. Ist wohl besser so.«

»Liebeskummer überwunden?«

»Nicht im geringsten. Aber ich beginne mehr und mehr zu kapieren, dass es mit uns einfach nicht gut gehen konnte. Liebhaben reicht eben nicht. Weh tut es natürlich trotzdem.«

»Mann... das tut mir so leid für dich, Ziggy. Du hast es echt verdient, glücklich zu sein.«

»Und du? Was von Nico gehört?«

Er schüttelte bedröppelt den Kopf. Ich legte einen Arm um seine Schulter, wollte ihm was Tröstendes sagen, hatte aber nur Knutschen und Kuscheln im Schädel.

»Fang nicht schon wieder an«, seufzte Ben und schob meinen Arm weg.

»Womit denn?«

»Na...d amit eben. Verdammt, ich kann dir nicht widerstehen, wenn du dich so anbietest.«

»Ich hab mich nicht angeboten... ich wollte dich nur trösten«, entgegnete ich entrüstet.

Benedikt küsste mich auf den Mund... ich küsste ihn zurück, wollte schon losfummeln, als er mich leicht von sich stieß.

»Siehst du... jetzt wissen wir beide, was du willst.«

Dieses unverschämte kleine Stück!! Ich war fassungslos.

»Ich nehm dir das nicht übel«, lächelte er, »ich glaub, ich will es auch.«

Ja...oh bitte bitte...jetzt gleich...dringend!!

»Und deshalb werde ich gehen.«

Aha, schon wieder mal. Ich grinste in mich hinein. Allerdings nicht lange, denn Benedikt, der kleine Teufel, ging tatsächlich!

Ich glaube, Ben ist einfach der Bessere von uns beiden. Ich nutze immer jede Situation schamlos aus aber... hey, dafür sind Situationen schließlich da, oder?! Wow...mein Bett riecht nach ihm und das ist ein verdammt angenehmer Geruch.

28.Juli

Sebastian rief mehrmals an, ich hab sofort aufgelegt und danach geheult. Scheiße, ich liebe ihn doch immer noch sehr. Vielleicht sollte ich ihm doch noch eine Chance geben?? Was, wenn er der Mann meines Lebens ist und ich vergraule ihn? Dann muss ich für immer allein bleiben. NEIN! Sebastian ist ein verdammter Psycho. Sobald wir wieder zusammen sind, wird er mich mit seinen Eifersuchtsattacken drangsalieren. Was soll ich denn bloß machen? Er fehlt mir so furchtbar und das immer aufzuschreiben macht es nicht einfacher. Benedikt fehlt mir auch irgendwie. Mir ist allerdings nicht so ganz klar, in welche Richtung diese Sehnsucht geht. Wow... ich liebe es, mit ihm zu schlafen, der ist so süß und seine Haut ist so weich und warm... Kann ich denn wirklich so ein Arschloch sein und mich zwischen Nico und Ben stellen? Zwischen das absolute Traumpaar? Ich denke, es ist besser, erstmal auf Abstand zu gehen. Bei meinem Glück verliebe ich mich ernsthaft in Angelino und das Chaos ist perfekt. Nein, Blödsinn! Benedikt ist eigentlich viel zu süß und lieb. Seit Sebastian weiß ich doch, dass ich auch zu der Sorte Mensch gehöre, die sich wohl immer die Typen rauspicken, die total durchgeknallt sind... eben die Arschlöcher dieser Welt. Simon ist zwar kein Arschloch, aber einen Knall hat der, das kann man nicht anders sagen. Tom ist ebenfalls auf seine Art bekloppt. Nico hat wohl mehr durch seine Schönheit becirct. Ben ist... mhhhhhhhhhhhhhh!!

29.Juli

Okay, ich hab's nicht lange ausgehalten ohne Angelino. Rief an und fragte, ob er vorbei kommen wolle?! Erst meinte er, das sei bestimmt keine gute Idee, doch dann ließ er sich doch überreden. Scheiße... ich glaube, der hat sich extra so schlampig angezogen, weil er mich nicht reizen wollte... der Schuss ging allerdings gründlich nach hinten los. Schon als er mein Zimmer betrat, wollte ich ihn sofort küssen. Seine Haare hingen ihm ungestylt strähnig ins Gesicht und seine unspektakulären Klamotten (Jeans und Shirt) haben mich fast wahnsinnig gemacht. Er setzte sich zu mir aufs Bett. Als seine Hand aus Versehen meine berührte, zog er sie hastig weg.

»Nico hat angerufen«, begann er.

»Aha?«

»Ja, er kommt morgen nach Hause.«

»Und... was hast du vor?«

Er seufzte und strich sich Haare hinters Ohr. »Keine Ahnung. Ich bin total durcheinander.

Und daran bist du nicht ganz unschuldig«, ergänzte er vorwurfsvoll, doch ich nahm es, eitel wie ich bin, natürlich als Kompliment auf.

»Denkst du noch viel an Sebastian?«

Ich hatte spontan schlechte Laune. »Immerzu. Ich frage mich ständig, ob ich mich irgendwie anders hätte verhalten können oder müssen. Manchmal möchte ich ihn einfach nur schlimm verprügeln. Wenn der nicht so irrsinnig wäre hätten wir vielleicht eine echte Chance gehabt.«

Benedikt sah mich an. »Ziggy... dir ist doch klar, dass ich Nico von uns erzählen werde, oder? Ich meine, ich liebe ihn, egal, was ich getan habe. Egal, was er getan oder nicht getan hat... außerdem glaube ich ihm inzwischen, dass er nichts mit dem Typen hatte. Nico würde mich nicht betrügen.«

»Ach ja? Da wäre ich mir an deiner Stelle aber nicht so sicher.« Oh mein Gott... Ziggy, halt deine scheißblöde Fresse!

»Warum sagst du das?«

Ja... warum? Ich wusste es nicht. »Ich will nicht, dass dir weh getan wird.« Autsch... was für eine schamlose Lüge. Ich meine, natürlich wollte ich nicht, dass jemand ihn verletzt aber irgendwie war das eben nur die halbe Wahrheit.

»Und du meinst, Nico könnte das?«

»Ich meine nur, dass du vorsichtig sein solltest. Wer weiß schon, was jemand für Geheimnisse hat?!«

»Nico hat jedenfalls keine vor mir«, sagte er bestimmt.

»Wenn du das sagst...«

»Na wie auch immer, ich muss mit Nico reden auch wenn ich ihn vielleicht verliere. Ich meine, ich habe ihn verdammt noch mal betrogen... wie sollte er mir das verzeihen können? Ich hab echt Angst... ich liebe ihn mehr als mein Leben, weißt du?«

»Nico ist längst nicht so unschuldig, wie du denkst.«

»Was zur Hölle meinst du damit?« rief er ungehalten.

Es platzte plötzlich aus mir raus. »Nico... dein ehrlicher anständiger Nico hat mich angegraben, wo es nur ging. Hat mich geküsst und gesagt, dass er sich in mich verliebt hat.«

Einige Sekunden herrschte Stille. Mir war zum Kotzen. Was hatte ich mir denn bitteschön dabei gedacht?

Benedikt riss die Augen auf. »Er hat WAS?«

»Das... das hat aber gar nichts bedeutet. Wir haben uns auch nur zweimal geküsst und er... er liebt nur dich. Das hat er mir gesagt«, versuchte ich die ganze Sache herunter zu spielen.

»Oh... wie nett von ihm. War das bevor, oder nachdem er dir seine Zunge in den Hals gesteckt hat? Und wieso erfahre ich das erst jetzt? Und was bist du überhaupt für ein Arschloch? Machst dich an meinen Freund ran und vögelst mir in aller Seelenruhe den Verstand raus...«

»Hey, Moment mal, ja... Nico hat mich auch angebaggert, und die Sache zwischen uns... du wolltest es genauso wie ich, also versuch nicht, mir alle Schuld in die Schuhe zu schieben. Ich hab dich nicht zum Sex gezwungen.«

»Nee«, entgegnete er finster, »du hast nur meine Situation ausgenutzt. Hättest dich ja auch zurückhalten können, du wusstest doch, wie scheiße ich drauf war.«

»Jeder ist für sich selbst verantwortlich... du bist hier nicht der einzige, der leidet. Ich habe mich schließlich auch gerade von meinem Freund getrennt, schon vergessen? Ich hab‘s satt, dass ich immer derjenige sein soll, der alles verbockt.«

»Ich glaube, das hier führt zu nichts«, erklärte er und stand auf. »Ruf mich die nächsten Jahre bitte nicht an. Ach und Ziggy... fick dich, du Penner.«

Die ganze Welt ist verrückt geworden und ich bin mittendrin! Ehrlich... die sollen mich ALLE in Ruhe lassen. Werde mir sofort neue Freunde suchen.

30.Juli

Oh mein Gott! Ich hab die ganze Nacht geflennt und ausnahmsweise hieß der Grund mal nicht Sebastian. Jedenfalls nicht nur. Mir wird bewusst, dass ich so ziemlich jeden Menschen verloren habe, der mir irgendwie wichtig war. Sebastian sowieso, Ben mit der Aktion gestern, und wenn der tatsächlich Nico von uns erzählt, kann ich den als Freund ebenfalls vergessen.

Zwischen mir und Tom herrscht Funkstille, wobei ich nicht einmal weiß, wieso?! Da dürfte man doch wohl annehmen, das wär alles schon fürchterlich genug aber... nein nein nein, nicht in meinem Leben. Da geht immer noch was. Und zwar... bitte alle mal kräftig loslachen... ich vermisse Benedikt. Vermisse ihn wie jemanden, den man gern hat. Sehr gern. Sehr sehr gern. Ich hab mich heftigst verknallt!! Hab ich ein Talent für Katastrophen oder was?! Liebe Sebastian und bin verschossen in Ben. Ich halt's nicht aus!

Tja und weil ich mir keinen anderen Rat wusste hab ich Tina besucht... so verzweifelt war ich.

Das muss man sich mal vorstellen. Ich war so nett wie ich konnte, hab ihr ungeborenes Alien Baby genannt und lauter Zeug gefragt. Ob es sich schon bewegt, wie sich das anfühlt, ob sie denn nun ein Mädchen oder einen Jungen haben möchte. Ich ekelte mich selber an. Tina befühlte meine Stirn und fragte, ob ich vielleicht an einer schlimmen Krankheit leide. Da bin ich zusammengebrochen und hab ihr ALLES erzählt. Sie war... etwas geschockt. Ich hatte schon Angst, sie würde auf der Stelle eine Fehlgeburt erleiden.

»Mann, ich wusste gar nicht, dass mein kleiner Bruder so durch die Gegend schläft.«

»Spar dir die Moralpredigt und sag mir, was ich jetzt machen soll.«

Sie legte die Füße hoch und streichelte seufzend ihren Bauch. »Sebastian vergessen, dich bei Ben und... äh... Nico?«

Ich nickte.

»Nico entschuldigen, bloß nicht mehr mit Tom flirten und dich ein bisschen mehr auf die Schule konzentrieren. Versuch's mal eine Zeit ohne Sex. Lies lieber ein gutes Buch.«

Und für diesen Rat hab ich mir ihre komplette Schwangerschaftsstory angehört?!!

31.Juli

Will mich nur noch verkriechen. Mein Leben geht den Bach runter. Dachte kurz daran, Tom anzurufen, wusste dann aber nicht, was ich ihm hätte sagen sollen. Bin immer müde und schlafe den ganzen Tag. Und die ganze Nacht. Im Schlaf kann einem nichts Schlimmes geschehen. Hab die Hoffnung, dass ich irgendwann nicht mehr aufwache.

1.August

Bin doch wieder wach, aber eigentlich so gut wie tot. Vor einer Stunde hab ich zufällig Sebastian gesehen. Ich hatte mich, aus mir unerfindlichen Gründen, vor seinem Haus rumgetrieben und er kam raus... Hand in Hand mit Trisha! Mir kam beinahe die Kotze hoch. Jetzt weiß ich doch wenigstens, dass die Sache endgültig und für immer und ewig vorbei ist.

Benedikt meldet sich nicht. Ich würde aber gerne wissen, ob er schon mit Nico gesprochen hat. Damit ich irgendwie gewarnt bin, wenn er versucht, mich zu killen. Denn: morgen fängt die Schule wieder an. Wieso gibt es eigentlich in meinem Leben kein Happy-End??

2.August

So langsam könnten die Katastrophen echt mal aufhören, finde ich. Schule war sehr einsam, weil ich ja weder mit Ben, noch mit Nico sprechen konnte. Ich nehme an, die zwei haben sich getrennt, denn die gehen sich total aus dem Weg. Mir auch... aber Killerblicke bekomme ich. Angelino soll mal nicht so unschuldig tun. Schließlich hat er sehr gerne mit mir geschlafen. Und Nico hat mich sehr gerne geküsst. Weißt du was, liebes Tagebuch?! Ich denke, Tinas Rat ist gar nicht mal so falsch. Werde mich in Zukunft von Schnuckeln kolossal fernhalten. Ist vielleicht ganz gut, mal eine sehr lange Weile allein zu sein, oder?! Ich meine, das, was ich in den letzten Wochen erlebt habe... dafür brauchen andere Leute JAHRE!!

2. September

Sebastian ist ausgezogen und hat niemandem seine Adresse gegeben. Das weiß ich von Tom.

Der hat mich irgendwann mal angerufen, danach besucht und jetzt treffen wir uns ziemlich regelmäßig. Ohne Sex, ohne Anfassen, ohne Küssen. Wir sind ganz normal befreundet, was ich sehr okay finde, denn ich will Tinas Rat immer noch befolgen. Jedenfalls ist Sebastian weg. Mit Trisha ist es anscheinend nicht lange gutgegangen... jetzt flennt sie sich die Augen aus dem Kopf. Ich komme so ganz langsam los von ihm. Denke zwar noch viel über den Idioten nach, aber es macht mich nicht mehr so fertig. Mit Nico und Ben hab ich überhaupt nichts mehr zu tun. Das ist zwar wirklich schade und tut mir weh, aber man kann's halt nicht ändern. Wenigstens scheinen die beiden wieder zusammen zu sein. Genau weiß ich es aber nicht. Ben jeden Tag in der Schule zu sehen, war am Anfang echt heftig. Hatte ganz schön Sehnsucht nach ihm, aber auch das hat sich gelegt. Es ist doch zur Abwechslung mal ganz nett, sich nicht andauernd nach irgendeinem Kerl verzehren zu müssen. Obwohl... als ich letztes Wochenende mit Tom im 10.15 war, saß da so‘n Junge in der Ecke. Ganz verschüchtert. Wie ein kleines verschrecktes Tierchen. Irgendwie süß. Hab ihn einfach angequatscht. Adrian heißt er und ist grad sechzehn geworden. Ich wüsste gerne, warum er so traurig ist und ich würde ihn gerne ein bisschen in den Arm nehmen. Um ihn zu trösten. Erstmal... ;)

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